Der Ausbau des Glasfasernetzes in Deutschland kommt voran. Mitte 2022 lag einem Bericht zufolge die Glasfaserabdeckung bei 26%, laut Aussage von Minister Wissing sei jeder 4. Haushalt an das Glasfasernetz angeschlossen. In der Branche macht sich offensichtlich eine Art Goldgräberstimmung breit. Im Gegensatz zu früher scheint das Projekt Glasfaserausbau lukrativ zu sein. Die beteiligten Unternehmen leiden aber an Fachkräftemangel, Preissteigerungen und Lieferengpässen. Die Beschwerden von Kunden über Anbieter von Glasfaserausbau und Glaserfaser-Internet scheinen zuzunehmen. Im Wettlauf der Unternehmen um die Kundschaft wird viel versprochen und wenig gehalten. Viele Drückerkolonnen sind unterwegs. Und so kommt es immer wieder zu irrwitzigen und haarsträubenden Situationen.
In Bobingen wurde 2021 für den Ausbau des Glasfasernetzes im Ortsteil Siedlung und angrenzenden westlichen Stadtteilen geworben. Im Rahmen einer sogenannten Nachfragebündelung wurde den Anwohner angeboten, der Firma M‑Net einen Auftrag für einen Glasfaser-Internet-Vertrag zu erteilen. Bisher wurde ein Teil des Ortsteils Siedlung mittel Kupfernetz-DSL versorgt, ein anderer Teil mit Kabel-DSL. Die Werber von M‑Net legten mir einen Auftrag zur Vertragsänderung von DSL (Kupferkabel) zu einer Internetversorgung mittels Glasfaser vor. Mindestvertragsdauer waren 2 Jahre. Gleichzeitig musste man mit der Deutschen Glasfaser, die zusammen mit ihrem Subunternehmer SOLI das Glasfasernetz verlegt, einen Nutzungsvertrag zur Durchleitung des Glasfaserkabels unterschreiben. Dies war im April 2021. Im Januar 2022 wurde dann der Auftrag von M‑Net bestätigt. Danach geschah erst einmal für über ein Jahr nichts. Im Frühjahr 2023 rückten dann die Baukolonnen der Firma SOLI (Subunternehmer von Deutsche Glasfaser) an und verlegten die Glasfaserkabel in den Straßen und Grundstücken. Danach ein viertel Jahr Pause. Anfang September 2023 wurden dann plötzlich 150 Anwohnern von M‑Net ihre bisherigen Verträge zur Internet- und Telefonversorgung zum Ende November 2023 gekündigt, da über diesen Zeitpunkt hinaus eine weitere Versorgung nicht mehr gewährleistet werden könne. Man solle sich eine alternative Versorgungsmöglichkeit suchen. Es wurde eine Telefonnummer der Fa. SOLI für Fragen zum Glasfaseranschluss angegeben, wo aber niemand abhob. Über die angegebene E‑Mail-Adresse der Fa. SOLI erhielt man die Antwort, zur Zeit sei in dem Bereich niemand tätig und man solle abwarten. Bei M‑Net erhielt man eine ähnliche Antwort und erhielt eine juristische Belehrung über das Vertragskonstrukt zwischen M‑Net und Deutsche Glasfaser.
So sieht es am Ortseingang der Bobinger Siedlung aus, wo auf dem Verteilergebäude ein Plakat der Firma Deutsche Glasfaser ankündigt, dass das Glasfasernetz hier startet:

Und hier endete das Glasfaserkabel (zumindest bis zum 16.10.2023), aufgerollt vor der Kellerwand:

Und auf der Website der Stadt Bobingen bekommen wir die frohe Botschaft:

Die Augsburger Allgemeine Zeitung berichtete über dieses Bubenstück von M‑Net in einem Artikel. Zwei Wochen später berichtete die gleiche Zeitung in einem weiteren Artikel, dass M‑Net die Kündigungen zurücknehmen wolle. Ein Schreiben von M‑Net erhielt ich persönlich (Stand 4.10.2023) noch nicht.
Von solchen Aktionen betroffene Verbraucher sollten beachten, dass der Beginn eines solchen Vertrages laut Telekommunikationsgesetz mit dem Zeitpunkt der Vertragsannahme durch den Telekommunikationsanbieter beginnt, und die Mindestvertragsdauer maximal 24 Monate betragen darf. Danach kann man monatlich kündigen. Die Bundesnetzagentur gibt Auskunft über die Kundenrechte. Auf der Website der Augsburger Allgemeinen Zeitung gibt es ein Glasfaser-ABC, das viele Informationen enthält. In dem Glasfaser-ABC der Augsburger Allgemeinen Zeitung wird auch darauf hingewiesen, dass man zwischen Antrag an den Anbieter und der Auftragsbestätigung durch diesen nicht länger als einen Monat warten müsse. Andernfalls begründe dies keinen Vertragsabschluss mehr, so die Augsburger Allgemeine Zeitung.
Auch die Verbraucherzentale gibt den Kunden Tipps und klären über das rechtliche Situation auf. Eine kompetente telefonische Beratung erhielt ich hier für 25 Euro.
Als Verbraucher sollte man mit Vertragsabschlüssen am Gartentor vorsichtig sein und sich das Angebot mit den Vertragsbedingungen in aller Ruhe zu Hause durchlesen.
Die Firma M‑Net ist schon einmal 2019 mit einem Glasfaser-Ausbau-Projekt in der Oberpfalz krachend gescheitert. Dazu ein Artikel aus der Münchner Abendzeitung und ein weiterer Artikel aus der Sueddeutschen Zeitung
Man kann nur zusammenfassend konstatieren: Ein Stück aus dem Tollhaus!
Wie ging es weiter?
Am 5.10.2023 erhielt ich überraschend von der Fa. SOLI eine E‑Mail, dass in der Kalenderwoche 42 mein Glasfaseranschluss montiert und aktiviert werden könne. Ich konnte mir 3 Termine aussuchen. Und am 16.10.2023 (wie gewünscht) kam ein freundlicher und kompetenter Mitarbeiter der Fa. SOLI und legte den Glasfaseranschluss in den Keller des Hauses. Das Ganze dauert ca. 2 Stunden. Bei Deutsche Glasfaser gibt es zur Installation einen Beitrag.
Letzter Akt des Glasfaserabenteuers
Am 17.10.2023 erhielt ich von M‑Net die Nachricht, dass am 30.10. zwischen 8 und 12 Uhr die Glasfaserverbindung aktiviert wird. Dazu ist dann laut Anleitung von M‑Net eine Zurückstellung der Fritzbox auf Werkseinstellungen erforderlich. Ob dies für die von M‑Net verteilten und überlassenen Fritzboxen mit Fernwartung gilt oder auch für Fritzboxen im Eigenbesitz, kann ich nicht sagen. In der Anleitung fand ich dazu nichts. Der in der Anletung von M‑Net angegebene Link zur Informationsseite im Internet (https://bit.ly/FTTHUmstellung)) geht leider ins Leere (Meldung: “Ooops .. Seite nicht gefunden!”).
Ich hatte zunächst versucht, den Glasfaserzugang ohne Zurücksetzen auf die Werkseinstellungen herzustellen. Unter Internet > Zugangsdaten > Zugang über externes Modem wählt man (in meinem Falle) M‑Net in der Ausklappliste aus. Anschließend werden die im Kundenportal von M‑Net hinterlegten Zugangsdaten eingetragen. Bei der Fritzbox 7490 steckt man dann das vom Glasfasermodem kommende Netzwerkkabel in die Buchs LAN 1 (neben Buchse für SO). Bei mir kam dann die Fehlermeldung, dass “der Internetanbieter nicht auf PPPOE-Pakete antwortet”. In der Wissensdatenbank von AVM gibt es den Artikel ‘Internetzugang über anderes Modem nicht möglich’. Die zwei ersten Handlungsempfehlungen lauten: 1. Modem neu starten und 2. Fritz!Box neu starten. Damit klappte es dann, ich war im Internet. Die Einrichtung der Internet-Rufnummern und der Festnetztelefonie war dann noch recht schwierig, da man die alten eingetragen Rufnummern unter Telefonie > Eigene Rufnummern in meiner Fritzbox (Modell 7490) weder bearbeiten noch neu einrichten konnte; Löschen war auch nicht möglich im Menü der Fritzbox. Auf Empfehlung des AVM-Supportes half dann nur eins: Zurücksetzen auf Werkseinstellungen. Der Glasfaserzugang musste danach natürlich neu konfiguriert werden. Aber das hatte ich ja schon einmal durchexerziert. Unter dem Menüpunkt ‘Telefonie’ richtete ich meine drei Telefonnummern neu ein, wobei jede Nummer einzeln konfiguriert werden muss (zugangsdaten im Kundenportal von M‑Net!). Und nicht vergessen: Im Menüpunkt Telefonie > Eigene Rufnummern > weitere Einstellungen im Ausklappmenu jeweils entweder ’nur über IPv6’ oder ‘.. bevorzugt über IPv6’ auswählen. Diesen Tipp erhielt ich freundlicherweise von einem Mitarbeiter des technischen Supports von M‑Net, den ich wider Erwarten erreichte. Am Abend des Tages funktionierten alle Grundfunktionen der Fritzbox: Internetzugang über Glasfaser und Festnetztelefon. Die weiteren notwendigen Konfigurationsschritte im Routermenü nahmen noch einige Zeit in Anspruch.
Der einzigen Support von M‑Net besteht in der genannten Anleitung (lag der Aktivierungsmitteilung bei), mit Anweisungen, was man am Tag der Umstellung machen muss. Bei Problemen erhält man vom M‑Net-Support im Falle eines eigenen Routers nur die Rufnummer des Supports von AVM (Hersteller der Fritzbox). Hier half man mir aber dann sehr freundlich und sehr kompetent. Ich hatte bei einer Bekannten auch schon mit dem Support der Telekom zu tun. Hier fühlte ich mich deutlich besser als bei M‑Net betreut.